Soll ich wegen einem Kratzer die Polizei rufen?

Welche Daten soll man nach einem Unfall erfassen:

  • Name und Anschrift
  • Name der Versicherung und Versicherungsnumme
  • Kennzeichen des Unfallfahrzeugs
  • Telefonnummer für die Korrespondenz

“Plötzlich war ich mitschuldig!” Der echte Fall eines Polizisten. In meiner Laufbahn als Kfz-Gutachter erinnere ich mich an einen spektakulären Fall. In einem Stau war einem Polizisten in seinem privaten Auto jemand draufgefahren. Weil die Schuldfrage geklärt zu sein schien und es eben Stau herrschte. Der Polizist wollte aus eigener Erfahrung nicht seine Kollegen herbemühen: “Für so eine Lappalie hole ich doch nicht die Polizisten!”. Und er wollte endlich wenn auch leicht verspätet in den ersehnten Feierabend. Er beließ es also beim Austausch der Adressdaten. Nach ein paar Tagen bekam er Post und wunderte sich. Die gegnerische Versicherung schrieb ihn an. Er sei ja zu 50% am Schaden schuld und daher auch zu beteiligen. Der unschuldige Polizist war plötzlich zum Mitunfallverursacher geworden und seine eigene Versicherung stufte ihn hoch. Vom Gegenteil konnte er niemanden mehr überzeugen. Es traf Meinung auf Meinung. Hätte der gute Mann seine Kollegen gerufen und Zeit investiert, wäre die Schuldfrage eindeutig gewesen. Im Nachhinein ließ sich das nicht mehr nachholen. Es zeigt sich also: Die Polizei zu rufen kann sich lohnen, auch wenn es überflüssig erscheint. Es zeigt sich, dass Menschen gegenüber Polizisten in Zivil wenig Respekt haben. Hier wurde ja eindeutig gelogen. Aber vor Uniformierten traut man sich dann doch nicht.

Unfallbericht – PDF für den Download (geplant)

Schnell ist es passiert. Beim Abbiegen nicht geschaut und den Gegenverkehr angerempelt. Ausgestiegen und eigentlich nichts gesehen. Nur ein wütendes Gegenüber. Jetzt nicht provozieren lassen. Ruhe bewahren. Wer war jetzt schuld? Gibt es wirklich nur einen Kratzer oder eine Schleifspur von einem Gummiprofil? Lohnt es sich, die Polizei zu rufen? Soll man die Zeit investieren oder besser dem Impuls folgen, den Unfallort zu verlassen?

Ruhe bewahren, Polizeit rufen!

Wenn man selbst schuld war, besser nicht. Sonst liegt der Tatbestand der Fahrerflucht vor. Wenn der andere schuld war, aber diese nicht eingestehen will, besser sofort die Polizei alarmieren. Auch wenn bei ihnen intuitiv die Alarmglocken schellen, ist das gut, denn das Fahrzeug könnte gestohlen sein. Oder der Fahrer ist ohne Führerschein und legt darauf großen Wert darauf, die „Sache“ vor Ort ohne Polizei zu klären.

Berlin ist ein besonderes Pflaster

In Berlin schließlich sind viele Kulturen unterwegs und dazu gehören auch archaische Verhaltensweisen, die es auf Einschüchterung und Gewaltandrohung anlegen. Lassen Sie sich nicht irritieren und rufen sie umgehend die Polizei. Steht der Gegner unter Drogen- oder Alkoholeinfluss sowieso. Er hat sich dann gleich noch strafbar gemacht und muss mit einer Bußgeldstrafe laut Bußgeldkatalog rechnen.

Nutz dein Handy! Aber nicht beim Fahren

Neulich ist mir in einer Berliner Einbahnstraße ein Mercedes entgegen gerauscht und es hat fast gerumst. Im Falle eines Unfalls hätte ich sofort die 110 gerufen. Nutzen sie ihr Mobilfunkgerät. Nicht beim Fahren, Multitasking ist ein Märchen. Nutze es, wenn es gerumst hat. Heute haben nahezu alle Handys brauchbare Kameras, die auch noch mit Zeitstempel versehene Bilder knipsen. Da kann man schnell den Unfallort fotografieren und mögliche Schäden festhalten.

Handelt es sich um einen friedlichen Autofahrer, der einfach einen Fehler gemacht hat dazu offenkundig steht, müssen sie nicht die Polizei rufen. Lassen sie sich in jedem Fall Personalausweis, Führerschein, evtl. auch die Versicherungsdaten zeigen. Auch wichtig: Besteht die andere Unfallpartei auf die Anwesenheit der Beamten, müssen Sie das respektieren.

Fahrerflucht kostet Punkte

Wenn es zu einem Unfall in ihrer Abwesenheit kam, wenn sie z.B. einen Schaden an ihrem geparkten Auto feststellen, handelt es sich streng genommen auch um Fahrerflucht. Sie sollten bei der Polizei eine Anzeige gegen Unbekannt aufgeben. Haben Sie selbst ein Auto beschädigt und sei es nur so leicht, müssen sie mindestens 30 Minuten auf den Fahrzeughalter warten, damit sie sich nicht selbst der Fahrerflucht schuldig machen. Danach sollten sie aktiv werden und der Polizei den Unfall melden. Die Beamten machen dann den Halter ausfindig machen.

Wer nach dem Unfall einfach verschwindet, bekommt mindestens zwei Punkte in Flensburg. Je nach Schadenshöhe drohen bei Unfallflucht neben einer Geldstrafe mindestens zwei Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg, ein Fahrverbot oder sogar die Entziehung der Fahrerlaubnis nicht unter sechs Monaten. Ein Zettel mit dem freundlichen Text „Sorry für den Kratzer“ oder die Visitenkarte an der Scheibe genügt eben nicht. Nicht jeder Autobesitzer sieht cool darüber hinweg, wenn sein Auto eine Schramme verpasst bekommen hat. Viele Autobesitzer sind gar nicht die echten Besitzer, sondern finanzieren oder leasen ihr Gefährt. Da wird so ein Kratzer schnell hochgerechnet und bei der Ablöse als schaden verbucht, der den Wagenwert mindert.

Unfall ohne Polizei: Versicherung zahlt nicht immer

Kam es lediglich zu Bagatellschäden wie Parkrempler, kleine Kratzer oder Dellen, kann man theoretisch den Unfall auch ohne die Polizei regeln. Dazu sollte man bei geringem Sachschaden zumindest den europäischen Unfallbericht ausfüllen und die Kontaktdaten auszutauschen. Im Eifer des Gefechts kann es aber auch sein, dass der Schaden viel größer ist als gedacht und im Nachhinein die Schuldfrage verdreht wird. (siehe linker Kasten)

Bei größeren Schäden verlangen die meisten Versicherungen aber nach einem offiziellen Unfallbericht. Liegt dieser nicht vor, kann dies ein Grund für den Versicherer sein, die Leistung zu senken.

Unser Tipp

Auf alle Fälle lohnt es sich einen unabhängigen KFZ-Gutachter ins Boot zu holen, damit sie sicher sein können, wie hoch der Schaden an ihrem Auto wirklich ist. Die gegnerische Versicherung versucht gerne, ihn klein zu machen, um Kosten zu sparen.

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